Science Festival ars - technica 7
28. April bis 1. Mai 2017 in der Hachinga-Halle
82008 Unterhaching, Grünauer Allee 6
Roman Woerndls 9-teilige auditive Installation mit Einkanal von 2013/2014 – HD Video, 11:28 als Loop
Best of Paradise
Aufbau der Installation: Neun Vogelhäuser, die Architekturmodelle von fünf
Weltreligionen und vier weltumspannenden Ideen und Ideologien darstellen, stehen
großzügig verteilt im Ausstellungsraum.
Eine katholische Kirche aus Bayern steht neben der europäischen Zentralbank, EZB in
Frankfurt. Daneben ein buddhistischer Tempel aus Myanmar, der als Nachbarn das
Leninmausoleum in Moskau hat. Neben einem griechischen Tempel aus Sizilien reiht
sich die Moschee aus Java, Indonesien, ein. Das Ensemble wird erweitert durch einen
Hindutempel aus Bali, das Guggenheim Museum in New York und die jüdische
Synagoge in München.
Der Ausstellungsraum ist erfüllt mit sehr intensivem und brillantem Vogelgezwitscher,
das an einen frühen Morgen im Wald erinnert. Nähert man sich einem der Vogelhäuser,
hört man Klänge und Gesang, die die jeweilige Glaubensrichtung spiegeln. z.B. ertönt
aus dem Mausoleum Lenins unter anderem die „Internationale“ während der
buddhistische Tempel mit den Mantras der Mönche wirbt.
Das Zwitschern der Vögel erfüllt den Raum dauerhaft, die Heilsversprechen sind nur
dann hörbar, wenn man sich den einzelnen Tempeln nähert.
Gezeigte Vogelhäuser und zugehörige Sounds:
Katholische Kirche, Aufkirchen, Bayern – original Kirchenglocken, verlangsamt,
Tempel des Wissens, vermutlich Agrigent, Sizilien – Hypne Anax,
Hinduistische Pagode, Bali, Indonesien – Originalklänge, Sampling,
Museum Guggenheim, New York - Kurt Schwitters, Ursonate,
Europäische Zentralbank, Frankfurt – Sampling,
Islamische Moschee, Bantul, Indonesien – Originalklänge,
Jüdische Synagoge, München – Therese Strasser, jüdisches Gebet,
Lenin Mausoleum, Moskau – Internationale, gepfiffen,
Buddhistische Stupa, Rangun, Myanmar – Tibetanisches Gebet, Sampling.
An eine Wand des Ausstellungsraumes wird ein Einkanal - HD Video projiziert, das
dieselben Vogelhäuser zeigt, die während eines mehrmonatigen Feldversuchs im Winter
2013/14 in der Natur aufgestellt wurden. Es entstand ein gleichgestelltes Nebeneinander
dieser Religions- und Gesellschaftsmodelle, das damit deren Alleinstellungsanspruch
kritisch hinterfragt. Filmisch untersucht wurde, welcher der Glaubensrichtungen sich die
Vögel am häufigsten zuwenden würden.
Best of Paradise Video / Roman Wörndl
Die Installation „Best of Paradise“ begrüßt den Besucher zunächst akustisch mit einem
raumfüllenden Durcheinander an fröhlichem Vogelgezwitscher. Zirpend, flötend und singend
zaubert diese Klangkulisse eine morgendliche Waldstimmung in die Gegenwart. Das intensive
Zwitschern erfüllt den gesamten Ausstellungsraum, in welchem neun unterschiedliche
Vogelhäuser auf Augenhöhe der Besucher unregelmäßig aufgestellt sind. Die kleinen Häuser
sind präzise Modelle von im weitesten Sinne ideologischen Bauten aus der ganzen Welt. So
steht zum Beispiel unweit des Modelles einer katholischen Kirche aus Bayern das moderne
Glasgebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main, welches wiederum vom
Guggenheim Museum in New York flankiert wird, neben dem ein griechischer Tempel aufgestellt
ist. An einer Wand des Ausstellungsraumes ist ein Video mit dokumentarischen Aufnahmen
projiziert, welches die Vogelhäuser auf einer Wiese vor dem Atelier des Künstlers zeigt, wie sie
von nach Futter oder Unterschlupf suchenden Vögeln besucht werden. Die kleinen Erzähler sind
nur in dem Film zu sehen, ansonsten sind sie ausschließlich akustisch als begleitende
Geräuschkulisse im Raum anwesend. Die dokumentarischen Bilder des Videos suggerieren
kommentarlos, wie sich die Tiere zu der Architektur und der damit zugehörigen Ideologie
verhalten. Bewegt sich der Besucher den Vögeln gleich zwischen den Modellen hin und her, hört
er neben dem raumerfüllenden Gezwitscher eine weitere akustische Information: aus den
einzelnen Modellen hört man bei näherem Herantreten Tonspuren, die den jeweiligen Modellen
zugeschrieben wurden, wie das Lied der „Internationalen“ dem kommunistischen Mausoleum
oder ein hinduistische Mantra dem balinesischem Tempel. Der Vielzahl des Gezwitschers im
Raum stehen hier also unterschiedliche Klänge gegenüber, wie religiöse Gesänge oder
abstrakte Gedichte und nicht stimmliche Lieder wie ein Geigenspiel oder elektronische Musik.
Roman Woerndl beobachtet in seiner Arbeit, welche Bauweisen und Klänge die Tiere einladen
oder abstoßen und hinterfragt, inwieweit die menschliche Sichtweise die somit scheinbar
ideologische Entscheidung der Vögel, welches Modell als Futterplatz geeignet erscheint,
einordnet. Der Künstler implementiert in den vogelfreien Weg zwischen den Modellen seine
Kritik an dem Konzept von Ideologien per se. Da die Modelle in gleicher Produktionsweise
Religion, Kultur und Ideologie unzensiert nebeneinander stellen und aus einem gleichen
Blickwinkel ausstellen, wird Ideologie als der Anfang von Elitismus und Konflikten und als Raum
der Abschottung und Verflachung von Diversifikation hinterfragt.