Science Festival ars - technica 7
28. April bis 1. Mai 2017 in der Hachinga-Halle
82008 Unterhaching, Grünauer Allee 6
„Alle Wahrheit ist krumm, die Zeit selber ist ein Kreis." (Friedrich
Nietzsche)
„Roundabout“ – Die Kugel
Die Kugel ist die Urform par excellence. Von den frühesten Kulturen bis
heute ist sie Sinnbild für die Ordnung und Harmonie der Welt. Sie gibt
dem Chaos Gestalt, zwingt alles, vom Elementarteilchen bis zum
Universum, sich seiner Schwerkraft zu beugen. Sie ist Objekt
mathematischer und physikalischer Spekulationen und philosophischer
Theorien. Auf kleinstmöglichem Raum bietet sie maximales Volumen bei
minimaler Oberfläche. Die Kugel ist auch die kongeniale Form für den
Zufall und daher Medium unzähliger Spiele, vom Roulette bis zum
Billard, von der Seifenblase bis zum Fußball. Und weil sie all dies ist, ist
sie auch immer wieder Inspiration und Objekt künstlerischen Schaffens
gewesen.
Peter Schwenk setzt sich in seinem bildhauerischen Werk seit langem
mit der spannungsreichen Beziehung von Form und Zufall auseinander.
Verschiedenste Material- und Bedeutungselemente lässt er durch
scheinbar zufälliges Zuordnen und Verdichten zu immer neuen,
überraschenden Konstellationen zusammenfinden und versetzt sie durch
feines Balancieren und eine fast tänzerische Choreographie in einen
schwebenden, gleichsam schwerelosen Zustand.
Seiner künstlerischen Spur folgend hat er vor einigen Jahren die Kugel
für sich entdeckt - die Kugel als Körper und die Kugel als
Projektionsfläche. Gerade ihre strikte Form bietet erstaunlicherweise ein
Maximum an gestalterischer Freiheit, ähnlich wie im Jazz, wo die klar
definierten harmonischen und rhythmischen Strukturen erst die
Grundlage für die Freiheit komplexer Improvisationen liefern. Mit der
Neugierde des Entdeckers und der Lust des Spielers erforscht er seither
die Möglichkeiten dieses seines Fundes und dekliniert sie durch.
Die Kugel, die keine Richtung kennt, keinen Anfang und kein Ende hat
und die frei ist von jeglicher Hierarchie, wird für ihn zum idealen
Bildträger seiner narrativ-poetischen Formensprache.
Der Plasmaschneider wird zum Zeichenstift. Fragmente aus Eisen oder
Aluminium in Reihungen und Ballungen fügen sich zum Ganzen.
Versatzstücke aus Schwenks Bilder-Kosmos - Gefundenes und
Hergestelltes, Worte, Piktogramme, Lautes und Stilles, Phantastisches
und Banales: Zeichen einer rätselhaften, oft witzigen Bildersprache -
addieren sich zu etwas Neuem, Eigenem, das mehr ist, als die Summe
seiner Teile.
Schwenks Kugeln brauchen keinen Sockel. Wie Findlinge liegen sie in
der Landschaft. Oder sie definieren Räume, treten in Dialog mit
Architektur - und sie erzählen ihre Geschichten.
Jeder Betrachter "liest" sie auf seine Weise. Für mich liegt darin ein
Zauber, der Zauber der einfachen Form, die endlose Vielfalt beherbergt.
Die Kugel drängt sich nicht auf, sie behauptet nichts - sie ist.
Stefan Fichert
Und der Ingenieur fragt sich, wie baut er die, damit sie sich am Ende
schließt? Vielleicht verrät der Künstler es Ihnen bei der ars-technica 7 in
Unterhaching, mir hat er es nicht erklärt.
Torsten Kresse